Touristen und Hamburger mit stark veränderten Erwartungen und Lebenseinstellungen

Hamburg gilt als das Tor zur Welt, als offene und erlebnisorientierte Stadt. Doch mit der Corona-Pandemie haben sich die Erwartungen und Anforderungen von Einheimischen und Touristen an die Hansestadt deutlich verändert. Dies zeigt eine aktuelle Studie des Brand Science Institute (BSI) und des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), die erste datengestützte Hinweise und Anhaltspunkte liefert. Inwieweit diese Veränderungen von Dauer sein werden, hängt von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab.

„Unsere Untersuchung zeigt, dass sich die Hamburger verstärkt auf ihre Stadtteile, Quartiere und Vororte konzentrieren. Dieser deutliche Trend zur Dezentralisierung schafft in diesen ungewissen Zeiten Vertrauen und reduziert Ängste“, so Dr. Nils Andres, Gründer und Geschäftsführer des Brand Science Institute (BSI) und Initiator der Studie.

„Zwar bewegen sich die Einwohner auch weiterhin innerhalb der Stadt. Sie planen diese Strecken aber wesentlich besser, erleben die Mobilität bewusster und berücksichtigen stärker, wie sie sich möglichst kontaktlos in der Stadt fortbewegen können“, erläutert Andres. „Die drei Stichworte, unter denen man das veränderte Verhalten der Hamburger zusammenfassen kann, lauten Remote, Distance und Safety“.

Hamburg ist eioner der touristischen Hotspots Europas - wenn nicht der ganzen welt
Hamburg ist einer der touristischen Hotspots Europas – wenn nicht der ganzen Welt

Unwohlsein beim Bummeln durch die Stadt

Zentralisierung heißt Gefahr: Viele Hamburger verspüren laut der Studie ein subjektives Unwohlsein, wenn sie vermehrt mit anderen Menschen in Kontakt kommen. So ist ein mulmiges Gefühl beim Bummeln in der Stadt subjektiv angestiegen. „Die Hamburger wägen stärker ab, welche Aktivitäten sie weniger stressen oder emotional belasten“, so Dr. Nils Andres.

Mehr Individualreisen und Kleinstgruppen

Auch die Erwartungen und Anforderungen von Touristen an die Hansestadt hat die Studie untersucht. Hygiene und gesundheitliche Sicherheit sind wesentliche Kriterien, nach denen Reisende zukünftig Restaurants, Kulturstätten und Attraktionen in der Hansestadt bewerten werden.

„Dies wird neue Formen von Städtereisen hervorbringen“, prognostiziert Dr. Nils Andres. „Hamburg wird sicherlich mehr Individualreisende und Kleinstgruppen beherbergen und weniger große Reisegruppen wie Busreisende oder Kreuzfahrer als bisher“.

Auch bei Touristen und Geschäftsreisenden zählt die subjektive Sicherheit. Kontaktdaten von Ärzten und Institutionen bewerteten die Probanden als hilfreich. Business-Reisende wünschen sich zudem kurze Wege. „Für sie zählt: Fast in, fast out. Hier ist zu befürchten, dass sich auch insgesamt die Verweildauer von Gästen in der Stadt reduzieren wird“, so Andres.

Smarte Konzepte der Hamburger Wirtschaft und der Stadt Hamburg gefragt

Prof. Dr. Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hamburg School of Business Administration (HSBA) sendet einen klaren Appell an die Stadt und die Hamburger Wirtschaft: „Hamburg und die Hamburger werden lokal, aber auch mit Blick auf bundesweite und internationale Netzwerke gefordert sein, Prozesse und Konzepte zu entwickeln, die diese Faktoren in einer neuen Normalität des Alltags berücksichtigen“, so Vöpel.

„Der ‚Economist‘ spricht von einer ’90-Prozent-Ökonomie‘. Das würde bedeuten, dass rund zehn Prozent der Ökonomie entweder gar nicht mehr oder nur unter sehr veränderten Bedingungen wieder hochfahren können. Vor diesem Hintergrund gewinnen Faktoren wie ‚Remote‘, ‚Distance‘ und ‚Safety‘ eine große Bedeutung nicht nur für einzelne Unternehmen, sondern insbesondere für Branchen wie Tourismus, Verkehr und Kultur.

Sie können in Zukunft zu einem wesentlichen Differenzierungsmerkmal von Standorten werden, denen es gelingt, durch smarte und integrierte Konzepte die gestiegenen Transaktionskosten für kontaktbezogene Dienstleistungen wieder zu reduzieren und zugleich die Erlebnisqualität zu erhöhen – vom Flughafen über den Nahverkehr bis zum Einzelhandel“.

Zentrale Ergebnisse der Studie auf einen Blick:

Remote:

– Die Hamburger erwarten mehr kontaktlose Services und fordern digitale Leistungsangebote der Stadt und der Wirtschaft signifikant ein.
– Die Bequemlichkeit und die Erwartungen an die Schnelligkeit von Services steigen. Die Probanden fordern daher verstärkt Konzepte wie „Same-Day-Delivery“ und eine schnelle Abwicklung von Services.
– Selbst von kleinen Einzelhändlern und Unternehmen ohne digitale Stärken wird erwartet, dass diese Wünsche immer besser befriedigt werden.

Distance:

– Distanz spielt für Erlebnisse und Veranstaltungen eine maßgebliche Rolle. Das „Drumherum“ wird fortan wichtiger sein als das „Dabei“. Die Hamburger wollen weiterhin Veranstaltungen besuchen, wollen aber bewusster auswählen und entsprechend vor- und nachbereiten. Auch eine gewisse Reue schwingt immer mit, da auf Events eben doch nicht immer der gebotene Abstand eingehalten werden kann.
– Der Individualverkehr wird gestärkt. Fahrräder, eBikes, Roller oder zu Fuß sind die präferierten Fortbewegungsarten der Hamburger aufgrund der Corona-Beschränkungen. Die Nutzung von Sharing Services wird stärker abgewogen.
– Die Großstädter entwickeln ein neues Bewusstsein für das Hamburger Umland. Der Speckgürtel verheißt Freiheit, Sorglosigkeit und gesunde Landluft und ermöglicht jederzeit den privaten Rückzug aus der überfüllten Metropole.

Safety:

– Die Sauberkeit in der Stadt wird neu definiert. Abstand, Hygiene und gesundheitliche Sicherheit wiegen stärker als der gekehrte Gehweg.
– Die Einheimischen erwarten von der Stadt und der Hamburger Wirtschaft, dass sie sichere soziale Interaktionen gewährleisten und Kontaktpunkte einfach und bequem reduzieren.
– „Green“ wird zu einer neuen Qualität. Eine durch Angst getriebene Hygiene stärkt das neue „Green“-Gefühl. Alles soll sauberer, frischer und reiner sein. „Green“ wird auf diese Weise durch die wachsende Bedeutung von Sicherheit gestärkt, neu definiert und erweitert.

Über die Studie:

Für die explorative Studie zur Wahrnehmung von Corona in Hamburg wurden in einem mehrstufigen Verfahren 1.057 Probanden per Onlinebefragung untersucht. Zusätzlich wurden 149 europäische Probanden zur touristischen Wahrnehmung befragt.

Über das Brand Science Institute (BSI):

Das Brand Science Institute ist ein international tätiges Beratungsunternehmen mit Sitz in Hamburg, das sich auf die Entwicklung moderner Kommunikationsansätze und Markenführungsmodelle spezialisiert hat. Es versteht sich als Wissenstransformator zwischen Wissenschaft und Praxis und unterstützt Unternehmen und Agenturen bei der Umsetzung innovativer Markenforschung.

Über das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI):

Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) ist eine unabhängige wirtschaftswissenschaftliche Forschungseinrichtung, die Grundlagen- und angewandte Forschung betreibt. Das Institut analysiert ökonomische Entwicklungen und forscht zu zukunftsorientierten Lösungsansätzen. Es versteht sich als wissenschaftlicher Impulsgeber für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Das HWWI wird getragen von der Handelskammer Hamburg. Universitärer wissenschaftlicher Partner des HWWI ist die Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg.

Foto / Quelle: (c) Redaktion / Brand Science Institute GmbH & Co. KG, www.bsi.ag

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