Läuft Afrikas Energiewende fair oder zum Nachteil der Menschen?

Prognosen sagen eine Verdreifachung des Energiebedarfs afrikanischer Länder von 2015 bis 2030 voraus. Oft wird dabei auf die Chance hingewiesen, den Ausbau fossiler Energien zu vermeiden und direkt auf erneuerbare Energien zu setzen. Doch wie funktionieren die Energiewenden auf dem afrikanischen Kontinent und wie gerecht sind diese?

Dieser Frage geht die BMBF-Nachwuchsgruppe „Glocalpower“ der Universität Kassel im Verbund mit der Universität Hamburg nach. In einer neuen Studie analysieren die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insgesamt 34 afrikanische Länder in Bezug auf die Frage, welche Maßnahmen ergriffen werden, um erneuerbare Energien zu etablieren.

Gleiches Ziel, unterschiedliche Wege

„Praktisch alle afrikanischen Länder, deren Energiepolitik wir untersucht haben, teilen das Ziel einer hohen Energiesouveränität – über den richtigen Weg dorthin aber gibt es unterschiedliche Vorstellungen“, sagt Dr. Simone Claar, Leiterin der BMBF-Nachwuchsgruppe.

So zeigten sich Südafrika, Kenia oder Ruanda sehr schnell offen für den Ausbau von erneuerbaren Energien. In anderen Ländern wiederrum gibt es Hindernisse. „Gerade ressourcenstarke Staaten wie Angola haben wenig Interesse an einem Wandel. Sie verlassen sich auf Öl“, sagt Claar.

Insgesamt kartierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Kassel 34 afrikanische Länder anhand von Politikpapieren und erstellten eine frei zugängliche Datenbank. Als zentrale Stellschrauben für die Energiesouveränität identifizierten die Forscherinnen und Forscher Politik, Eigenverantwortung, Geberausrichtung und die Berücksichtigung von Energiegerechtigkeit.

Formen der Energiewende in Afrika / Glocalpower.
Formen der Energiewende in Afrika / Glocalpower.

Afrikas Länder fördern Energiewandel intensiv

Die Zahlen sind beeindruckend: Während die untersuchten Länder im Jahr 2006 noch 1,2 Billionen US-Dollar investierten, stiegen die Ausgaben bis 2017 auf 19 Billionen. „Diese Zahlen zeigen uns, dass in vielen Ländern die staatlichen und privaten Investitionen zugenommen haben“, sagt Dr. Claar.

„Insgesamt wird in der Studie deutlich, dass die Regierungen überwiegend auf Marktmechanismen zurückgreifen. In Südafrika konnten über wettbewerbsorientierte Ausschreibungen niedrigere Preise zur Erzeugung von erneuerbaren Energien erzielt und circa sechs Gigawatt Strom zusätzlich gewonnen werden.“ Beispiele über die unterschiedlichen Pfade zur Energiewende gibt es zuhauf:

Ruandas nationale Energiestrategie kombiniert verschiedene Instrumente. Das Land setzt unter anderem auf Mikrofinanzierung, Programme für sauberes Kochen, die Beimischung von Biokraftstoffen oder den Aufbau weiblicher Fachkompetenz in der Technologie erneuerbarer Energien.

Die wichtigsten Politiken Kap Verdes sind geberzentriert. Das Land bezieht finanzielle Unterstützung durch den Afrikanischen Entwicklungsfonds und die Portugiesische und die Luxemburger Entwicklungshilfeagentur. Die Regierung entwickelte 2010 mit Unterstützung der Beratungsfirma Gesto Energia S. A. ein Politikprogramm für erneuerbare Energien.

Ugandas Regierung hat im Kontext des Global Energy Transfer Feed-In Tariff unter anderem mit der deutschen Entwicklungsbank KfW, der Deutschen Bank, der norwegischen und der britischen Regierung zusammengearbeitet. Parallel dazu hat die Weltbank privaten Investoren Garantien vergeben, um Risiken abzusichern.

Kriterien für Energiegerechtigkeit

Aber allein die Etablierung von erneuerbaren Energien in den Ländern genüge nicht. „Es muss auch eine ‚Just Transition‘, also einen gerechten Strukturwandel, geben“, sagt Claar. „Das bedeutet, möglichst viele Menschen müssen nicht nur Zugang zu Energie erhalten, wie es im Entwicklungsziel 7 der Vereinten Nationen formuliert ist“.

Als ein Beispiel nennt sie den Bau von Windkraftanlagen: „Wenn ein großer Windpark gebaut wird, sollten die Bewohner nicht nur die Energie erhalten, sondern auch an dem gesamten Prozess beteiligt sein und von einem Wissenstransfer profitieren, damit neue Arbeitsplätze entstehen können.“

Die untersuchten Länder unterscheiden sich dabei zum Teil deutlich. „Mit unserer Arbeit wollen wir einen Baustein dafür bereitstellen, über best-practice-Beispiele von anderen Ländern zu lernen und so die Energiewende in afrikanischen Staaten zu unterstützen“, sagt Dr. Claar.

Das Projekt: Glocalpower

Glocalpower wird gefördert durch das BMBF. Zum 1. März wurde das Projekt zu einem Verbundprojekt zwischen der Universität Kassel und der Universität Hamburg. Die deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen das Thema gemeinsam mit lokalen Partnern in Sambia, Ghana und Südafrika. Gemeinsam sind ab Ende 2021 auch Workshops vor Ort geplant.

Die Forschungsergebnisse hat die Nachwuchsgruppe in einem OpenAccess Artikel in Energy Research and Social Science veröffentlicht.

Die Studie:

“Is green a Pan-African colour? Mapping African renewable energy policies and transitions in 34 countries” von Franziska Müller (University of Hamburg), Simone Claar (University of Kassel), Manuel Neumann (University of Kassel), Carsten Elsner (University of Kassel)

Öffentlich abrufbar unter: http://tiny.cc/AfricanEnergyPolicies

Die Forschung für diesen Artikel wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert [Förderungsnummer: 01LN1207A].

Foto / Quelle: www.uni-kassel.de

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