Ist es ratsam, sich auf eine Fernbeziehung einzulassen?

Durch die Online-Partnersuche können heute Menschen zusammenkommen, die sich früher aufgrund der Entfernung zwischen ihnen niemals kennengelernt hätten. Ist es aber ratsam, sich auf eine Fernbeziehung einzulassen? Guido Gebauer, Psychologe bei der Dating-Plattform Gleichklang und Autor des Dating-Ratgebers „A Perfect Match?“ beantwortet in seinem Video-Podcast diese Frage mit einem klaren Ja.

Studien zeigen keine Unterschiede

Psychologische Studien zeigten keine Unterschiede zwischen Fernbeziehungen und Nahbeziehungen im Hinblick auf Vertrautheit, Bindung, Qualität der Kommunikation, Beziehungszufriedenheit, sexueller Zufriedenheit und der Häufigkeit außerpartnerschaftlicher Sexualkontakte. Fernbeziehungen führten also keineswegs besonders oft zum Fremdgehen. Auch die psychische Belastung unterscheide sich nach der psychologischen Studienlage nicht zwischen Fernbeziehungen und Nahbeziehungen. Es sei daher ein Vorurteil, dass Menschen in Fernbeziehungen besonders oft unglücklich seien.

Gleichklang- Auswertung

Zu dem gleichen Ergebnis gelangte Gebauer in einer Auswertung der Daten einer Stichprobe von Personen, die über Gleichklang eine Partnerschaft gefunden hatten. In der Auswertung zeigte sich, dass die Beziehungszufriedenheit gleich hoch war bei Paaren, die als Fernbeziehung oder als Nahbeziehung starteten. Auch die Trennungswahrscheinlichkeit unterschied sich nicht zwischen Fernbeziehungen und Nahbeziehungen.

Nicht nur die anfängliche Distanz zwischen den Paaren spielte keine Rolle für die Beziehungszufriedenheit, sondern auch die räumliche Entfernung zum Befragungszeitpunkt war mit der Beziehungszufriedenheit nicht korreliert.

Gebauer schließt hieraus, dass Beziehungen, die als Fernbeziehungen oder Nahbeziehungen beginnen die gleichen Chancen für eine positive Beziehungsqualität haben. Auch im weiteren Verlauf einer Partnerschaft sei es für die Beziehungsqualität unwesentlich, ob Partner:innen zusammenziehen oder getrennt voneinander lebten.

Keine Angst vor Fernbeziehungen
Fernbeziehungen können glücklich machen und sein  / Bildrechte-Hinweis: (c) Bildrechte: Boonterm – stock.adobe

Nachteile und Vorteile

Gebauer rät partnersuchenden Singles, ihre Angst vor einer Fernbeziehung aufzugeben. Sicherlich hätten Fernbeziehungen Nachteile, aber sie hätten auch Vorteile, und umgekehrt hätten Nahbeziehungen nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Im Durchschnitt mittelten die Vorteile und Nachteile aus, so dass Fernbeziehungen weder unterlegen noch überlegen seien:

Richtig sei, dass in Fernbeziehungen die gemeinsame Alltagsroutine fehle. Partner:innen seien nicht immer physisch präsent. Viele soziale Unternehmungen müssten ohne Partner:innen stattfinden. Sexualität mit physischer Präsenz sei nur bei Besuchen möglich. Einsamkeit könne auftreten und Partner:innen könnten schmerzlich vermisst werden. Die notwendigen Fahrtwege könnten als belastend erlebt werden. Schwierig könne eine Fernbeziehung auch für ängstlich-klammernde oder zu Eifersucht neigende Menschen werden.

Aber diese Nachteile seien nicht absolut und es stünden ihnen Vorteile gegenüber:

Die fehlende Alltagsroutine könne auch als entlastend erlebt werden. „Ist es wirklich so wertvoll, sich zu ärgern, weil Partner:innen nicht abgewaschen oder das Handtuch verlegt haben?“, fragt Gebauer. Negative, eintönige oder unwichtige Routinen prägten eine Fernbeziehung weniger. Begegnungen blieben etwas Besonderes. Die selteneren Treffen könnten die sexuelle Leidenschaft sogar befeuern und erhalten. Sex und gemeinsame Nächte blieben aufregend, ganz zu schweigen von den Möglichkeiten von Erotik über Telefon und Video-Chat.

Mithilfe solcher Kommunikationsmittel sei auch wieder ein gemeinsamer Alltag möglich. Partner:innen könnten sich mit Rat und Tat zur Seite stehen und sich gleichzeitig leichter Freiräume geben. Vermissen könne die Intensität der Gefühle füreinander erhöhen. Für Personen mit ängstlichem Bindungsstil oder Neigung zur Eifersucht sei eine Fernbeziehung schwierig, andererseits könnten sie so lernen, ihre Ängste zu überwinden und Eifersucht loszulassen. Außerdem gebe es Menschen, die sich sehr liebten, aber im Alltag zu konträr seien, dass sie in einer Fernbeziehung besser klarkämen. Gerade für Personen mit hohem Unabhängigkeits-Bedürfnis könne eine Fernbeziehung besonders attraktiv sein.

Letztlich – so Gebauer – hänge der Erfolg einer Beziehung davon ab, was wir für unsere Beziehungen täten. Arbeiteten Paare an ihrer Kommunikation und gemeinsamen Zielen könnten sie in jeder Beziehungsform glücklich werden.

Ein weiterer wichtiger Faktor sei die richtige Partnerwahl:

Für die Partnerfindung sei vor allem entscheidend, wie Partner:innen mit Euren Werten, Persönlichkeiten, Wünschen, Sehnsüchten miteinander klarkämen.

Positiver Umgang mit Fernbeziehungen

Was können Paare tun, um in einer Fernbeziehung glücklich zu werden?

Von entscheidender Bedeutung ist es nach Gebauer, dass die Partner:innen eine gemeinsame Zukunft planten und sich emotionale Unterstützung und Ermutigung gäben.

Eine unterstützende Funktion komme auch modernen Kommunikations-Technologien zu:

Texting ermögliche es Partner:innen, sich in konstanter Verbindung miteinander zu befinden. Virtuelle Begegnungen per Video seien hilfreich, um das Miteinander aufrechtzuerhalten und zu stärken.

Wichtig für einen positiven Umgang mit einer Fernbeziehung seien aber auch eine sinnerfüllte eigene Alltagsstruktur und die Aktivierung freundschaftlicher und verwandtschaftlicher Kontakte, die der Beziehung positiv gegenüber stünden. Gelinge es Paaren, ihre Fernbeziehung als Herausforderung anzunehmen,könne eine Beziehung sogar an der Entfernung wachsen.

Empfehlungen für die Partnersuche

Für die Partnersuche empfiehlt Gebauer, die Suche ganz auf den Menschen an sich auszurichten und Ja zu sagen, wenn die Werthaltungen, Beziehungsvorstellungen, Lebensprinzipien passten und eine wechselseitige Zuneigung und Liebe bestehe – ganz egal, wie hoch die Entfernung zwischen einander sei.

Würden aber nicht viele Menschen von negativen Erfahrungen mit Fernbeziehungen berichten?

Dies sei zwar der Fall, sei jedoch in vielen Fällen eine kognitive Verzerrung. Schließlich machten Menschen ebenfalls negative Erfahrungen mit Nahbeziehungen. Der einzige Unterschied sei, dass wir bei Fernbeziehungen dazu neigten, es auf die Fernbeziehung zu schieben, während wir bei Nahbeziehungen nach anderen Ursachen suchten.

Wie können sich Menschen kennenlernen, wenn sie weit entfernt voneinander seien?

Tatsächlich täten genau dies jeden Tag sehr viele Menschen. Das Geheimnis bestehe darin, sich textbasiert über die eigene Person, Werte, Beziehungsvorstellungen, Wünsche, Stärken und Schwächen auszutauschen, zu telefonieren oder sich Video basiert zu begegnen und hieran bei den ersten möglichen Offline-Begegnungen anzuknüpfen.

Details zur Untersuchung

In die Auswertung gingen die Angaben von 404 Personen ein, die über Gleichklang eine Partnerschaft gefunden hatten. Unter den Teilnehmenden waren 231 Frauen, 171 Männer und zwei nicht-binäre Personen im Alter von 21 vis 90 Jahre. Das Durchschnittsalter betrug 48 Jahre.

Die Dauer der Beziehungen reichte von weniger als drei Monaten bis zu sieben Jahre. Die durchschnittliche Beziehungsdauer betrug ein Jahr. Die Beziehungszufriedenheit wurde auf einer sechsstufigen Skala von sehr unzufrieden und unglücklich bis hin zu sehr zufrieden und glücklich erfasst. Ebenfalls wurde erfragt, ob eine Beziehung fortbestand oder sich bereits wieder aufgelöst hatte.

Die Partnerschaften bestanden zum Befragungszeitpunkt zwischen minimal wenigen Monaten bis zu maximal sieben Jahren. Die durchschnittliche Beziehungsdauer betrug ein Jahr.

Die durchschnittliche räumliche Distanz zwischen den Paaren betrug zu Anfang 221 Kilometer. 20 % der Paare hatten sich im sozialen Nahraum von maximal 30 Kilometer Entfernung kennengelernt. 27 % der Paare lebten anfangs mehr als 30 Kilometer, aber maximal 100 Kilometer auseinander. Bei 34 % der Paare betrug die anfängliche Distanz zwischen ihnen mehr als 100 Kilometer bis maximal 300 Kilometer auseinander. 11 % der Paare wiesen beim Kennenlernen eine Kilometer-Distanz von mehr als 300 Kilometer bis maximal 500 Kilometer auf. Bei 8 % der Paare betrug die anfängliche Distanz mehr als 500 Kilometer bis hin zu maximal 11000 Kilometer.

Die durchschnittliche Zufriedenheit in den fünf anfänglichen Entfernungs-Gruppen war sehr ähnlich und schwankte zwischen minimal 4,59 (Entfernung bis 30 Kilometer) bis maximal 4,71 (Entfernung mehr als 300 bis maximal 500 Kilometer). Es wurde nun mithilfe einer Korrelationsanalyse untersucht, ob sich die anfängliche Entfernung auf die aktuelle Beziehungszufriedenheit auswirkte. Es zeigte sich eine lediglich triviale Korrelation, die nicht signifikant von Null abwich (r = ,03). Dies bedeutet, dass sich minimale Unterschiede zwischen den Entfernungs-Gruppen in der Zufriedenheit durch den Zufall erklären lassen.

Im Verlauf der Beziehungen blieb die Distanz zwischen den Partner:innen aufgrund von Umzügen nicht immer unverändert. Manche Paare zogen zusammen oder in die Nähe zueinander, andere entfernten sich räumlich weiter voneinander. Die durchschnittliche räumliche Distanz zwischen den Paaren betrug zum Befragungszeitpunkt 198 Kilometer. Zum Befragungszeitraum lebten weiterhin 20 % der Paare im sozialen Nahraum von maximal 30 Kilometer Entfernung.

24 % der Paare lebten in mehr als 30 Kilometer, aber maximal 100 Kilometer Distanz zueinander. Bei 35 % der Paare betrug die aktuelle Distanz zwischen ihnen mehr als 100 Kilometer bis maximal 300 Kilometer auseinander. 13 % der Paare wiesen eine aktuelle Kilometer-Distanz von mehr als 300 Kilometer bis maximal 500 Kilometer auf. Bei 8 % der Paare betrug die aktuelle Distanz mehr als 500 Kilometer bis hin zu maximal 1200 Kilometer.

Die durchschnittliche Zufriedenheit in den fünf aktuellen Entfernungs-Gruppen war erneut sehr ähnlich und schwankte zwischen minimal 4,52 (Entfernung bis 30 Kilometer) bis maximal 4,95 (Entfernung mehr als 300 bis maximal 500 Kilometer). Es zeigte sich eine sehr geringe positive Korrelation (r = ,13) zwischen aktueller Entfernung und Zufriedenheit, die aber nicht signifikant von Null abwich.

Ebenfalls wurde die Trennungswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der anfänglichen räumlichen Entfernung zwischen den Partner:innen untersucht:

Hierzu wurden die Trennungsraten zwischen den fünf unterschiedlichen Anfangs-Distanzen verglichen. Diese Trennungsraten schwankten zwischen minimal 3,4 % (Distanz größer 500 km) bis maximal 17 % (mehr als 30 km bis maximal 100 km). Die Korrelation zwischen der initialen Entfernung und der Trennung erreichte einen lediglich trivialen Wert (r =-,02), der statistisch nicht signifikant von Null abwich. Die initiale räumliche Entfernung übte also keinen Einfluss darauf aus, ob Paare sich trennten oder zusammenblieben.

Quelle / Foto: Dr. Guido F. Gebauer, www.gleichklang.de,

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