„Modemarken, die im Internet nicht präsent sind, riskieren den Anschluss zu verlieren. Das Gebot der Stunde ist der Einstieg in den Online-Handel. Doch wer mit seinen digitalen Bestell- und Serviceangeboten im Mittelmaß stecken bleibt, hat kaum Chancen, Kunden zum Einkauf zu bewegen“, bilanziert Dr. Mirko Warschun, Leiter des Beratungsbereichs Konsumgüterindustrie und Handel in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika bei A.T. Kearney, die jüngste Untersuchung der Managementberatung.
Nach wie vor zieht ein Großteil der Konsumenten das stationäre Modegeschäft dem Internet vor, doch die Bedeutung des digitalen Vertriebs nimmt stetig zu. Wie die Befragungen zeigen, steigt im Internet der Wettbewerbsdruck, besonders auf niedrige Preise, vergleichen doch 80 Prozent der befragten Kunden die Preise online.
Nur 20 Prozent tun das nie oder nur selten. Und mehr als die Hälfte der Befragten vergleichen auch zwischen Online- und Filialpreisen. Dabei scheinen die Konsumenten genau zu wissen, was sie suchen, denn es ist weniger online geschaltete Werbung (nur 18 Prozent) als vielmehr der direkte Besuch der Markenseite (26 Prozent) oder ein Suchmaschinenergebnis (24 Prozent), das sie auf die Händlerseiten bringt.
Bequemes Einkaufen und größere Auswahl sind die Hauptgründe für den Online-Kauf. Ebenso punkten Preisvorteile im Internet, bessere Verfügbarkeit, die Anprobe zu Hause und das Rückgaberecht. Der wichtigste Hebel, Online-Shopping attraktiver zu machen, ist laut Befragung ein niedriger Preis. Doch die Kunden nennen auch gravierende Nachteile des Online-Shoppings: mehr als ein Drittel sieht Schwierigkeiten, die richtige Größe und Passform zu finden. Auch schwer einzuschätzende Qualität der Ware und fehlende Beratung sind Minuspunkte.
Marktführer konzentrieren sich daher zurzeit auf verbesserte Produktinformationen, weitere Erhöhung der Bequemlichkeit und einen stärkeren Grad der Personalisierung, fasst Dr. Sophie Glusac, Beraterin bei A.T. Kearney und Co-Autorin der Untersuchung, die Best Practices der digitalen Mode-Champions zusammen.
Mit detaillierten Produktbeschreibungen in Form von Catwalk Videos, 360-Grad-Ansichten oder Zoom-In-Funktionen reduzieren Unternehmen wie der britische Versandhandel Asos die Retouren. Das französische Unternehmen bonprix erleichtert das Finden der passenden Größe durch Virtual Dressing mit einem virtuellen Berater, der individuelle Maße und besondere Wünsche abfragt. Andere setzen zur Inspiration ihrer Kunden auf innovative Tools wie Gaming Apps.
Wie der Online Einkauf noch bequemer gestaltet werden kann, zeigt zum Beispiel Zalando: der führende Online-Händler bietet Apps und Shopping-Funktionen für mobile Endgeräte. Auch ein breites Angebot an Zahlungsmöglichkeiten wie bei Mango oder die Wiederverwertbarkeit von Verpackungen für mögliche Retouren bei Net-à-Porter senken die Hemmschwelle.
Mit individualisierten Produktempfehlungen (H&M) oder Fitting-Support (Otto), der bei Bedarf darauf aufmerksam macht, dass die Ware im Wunschkorb nicht zum üblichen Profil passt, personalisieren die Modehändler die Interaktion mit ihren Kunden.
„Die digitalen Champions machen in der Modebranche vor, wie im Internet zufriedene Kunden gewonnen werden können: nur mit Exzellenz. Gerade für mittelständische Modefirmen ist es nicht einfach mitzuhalten, fordert der Aufbau eines konkurrenzfähigen Onlineshops nicht nur hohe Investitionen, sondern auch Erfahrung und Expertise“, kommentiert Warschun.
Denn, so Glusac: „Es gilt, die Bedürfnisse der Kunden in punkto Preis, Information, Bequemlichkeit und Personalisierung auf sehr hohem Niveau zu treffen.“ Warschun empfiehlt: „Viele mittelständische Modefirmen sind gut beraten, über Kooperationen mit einer etablierten Marktplattform oder Outsourcing an einen spezialisierten Dienstleister nachzudenken, anstatt viel Geld in ein mittelmäßiges Angebot zu investieren. Internetkunden sind extrem wählerisch und entscheiden sich zum Kauf nur dort, wo das Internet mehr bietet als der stationäre Handel.“
Quelle: atkearney.de / Foto: A.T. Kearney