Nie war der Urlaub auf vier Rädern so begehrt wie heute: Bereits im ersten Coronajahr 2020 wurden in Deutschland rund ein Drittel mehr neue Freizeitfahrzeuge verkauft als im Vorjahr – ein Allzeitrekord. Laut des aktuellen Neuzulassungsbarometers des Kraftfahrt-Bundesamtes setzt sich der Campingboom auch in 2022 trotz abklingender Pandemie mit knapp 20 Prozent mehr Neuzulassungen von Wohnmobilen im Vergleich zum Januar 2021 fort, bei Mini-Vans ist es sogar ein Plus von 62,9 Prozent.
Auch die meisten Campingplätze sind bereits im letzten Jahr an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen, was zu steigender Beliebtheit des sogenannten „Wildcampings“ führte – und zu neuen Alternativen zum klassischen Campingplatz, wie z.B. privat vermieteten Stellflächen von landwirtschaftlichen Betrieben.
Laut ADAC interessieren sich zudem immer mehr Millennials und Einsteiger für eine neue, unkonventionelle Art des Campings – nicht nur Urlaub, sondern auch das Arbeiten im Van als digitaler Nomade zeichnet sich als Trend ab. All das zeigt: Campingurlaub befindet sich im Umbruch mit vielen neuen Angeboten, Entwicklungen, aber auch Wachstumsschmerzen.
Larissa Peters und Bastian Gembler gehören mit ihrer lifestyligen Campervermietung Vantopia mit Sitz in Hamburg zu Deutschlands Experten der ersten Stunde für die neue Art des Campings und geben in dieser Pressemitteilung interessante Insights zu aktuellen Entwicklungen und Visionen der Camping-Community
Caravaning wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Was glaubt ihr, worin liegt seit jeher die Faszination
Vantopia: Ursprünglich war Camping vor allem eine günstige Art des Reisens und dementsprechend für viele Menschen die einzige Möglichkeit, in den Urlaub zu fahren. Die nächste große Welle erlebte das Camping in der Nachkriegszeit und bedeutete ein Gefühl der Flucht aus dem Alltag – insbesondere im Kontrast der vorangegangenen Jahre.
Generell lässt sich gerade in besonders beschwerlichen Phasen deutscher Geschichte beobachten, wie die Camper-Community immer mehr zu einer einerseits eingeschworenen, aber auch offenen Gemeinschaft geworden ist. Heutzutage sind genau diese Community und die Möglichkeit, Gleichgesinnte zu treffen, ein großer Teil der Faszination Camping.
Aber auch der Freiheitsaspekt des entspannten und entschleunigten Reisens ist ein wichtiger Teil des Campings. Damit verknüpft ist selbstverständlich auch die Naturverbundenheit, die ein Camping-Trip unweigerlich mit sich bringt. Gerade in einem immer hektischer und komplexer werdenden Alltag bietet das Camping eine entschleunigende Abwechslung. Camping ist im Vergleich zum Alltag etwas angenehm Einfaches:
Man braucht nicht viele Dinge, man braucht nur seinen Camper und jede Menge Spontanität. Besonders in letzter Zeit ist allerdings auch das Thema Nachhaltigkeit ein immer wichtigerer Faktor geworden, um den Camping-Boom zu erklären. Gerade im Vergleich zu Flug-, Schiffs- und Fernreisen bietet Caravaning eine sehr viel klimaschonendere Alternative.
Vanlife und Camping sind seit Corona noch beliebter geworden. Welche Veränderungen habt ihr seit 2020 wahrgenommen?
Vantopia: Viele Reisewillige mussten sich durch Corona nach Alternativen zu konventionellen Reiseformen umgucken und sind so auf Camping gestoßen. Die Zielgruppe ist auch jünger geworden, womit sich die Ansprüche und Wünsche unserer Kunden verändert haben. Mit der Verjüngung des Publikums kommt es zu einer stärkeren Romantisierung von Camping – Stichwort Glamping.
Die junge Camper-Generation möchte nicht rein funktional, sondern besonders ästhetisch und angenehm unterwegs sein. Deshalb stellt Camping in deren Bewusstsein auch nicht mehr nur eine günstigere Methode des Reisens dar. Mit ähnlich hohen Ansprüchen steigt auch die Bereitschaft, ähnlich viel Geld wie für konventionelle Reisen auszugeben.
Es wird nicht mehr gecampt, weil es preiswerter ist, sondern weil es schön ist. Dieser Trend wird durch die Entwicklung zum Homeoffice vorangetrieben, welche immer mehr Menschen mobiles und standortunabhängiges Arbeiten ermöglicht. Das ist gerade mit Caravaning sehr gut vereinbar.
Ihr sprecht von einer neuen Art des Campings. Was daran ist neu?
Vantopia: Wirstehen für eine freiere Form des Campings anstatt eines traditionellen, stationären Konzepts. Wir begreifen Camping vor allem als Sprungbrett in Abenteuer in der Natur, in fremde Kulturen und unbekannte Länder. Offenheit für Kulturen und andere Lebensweisen ist für uns ein essenzieller Bestandteil des Camping-Lifestyles. Unsere Vision ist es, dass es eines Tages eine legale Form des Wildcampens in Deutschland gibt. Wir stehen also auch für einfaches, puristisches und naturverbundenes Camping – und das mit schönem, wohnlichem Design.
Habt ihr den Eindruck, dass sich unter Campern zwei Lager herauskristallisieren, zwischen denen, die eher stationär und traditionell campen und jenen, die neu und unkonventioneller dazukommen?
Vantopia: Das würden wir klar verneinen. Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass die Camping-Community sehr offen und solidarisch ist und dementsprechend könntenwir uns eine Art Lagerbildung gar nicht vorstellen. Trotzdem glauben wir, dass es unterschiedliche Interessen und Ausprägungen gibt, die mit Sicherheit noch etwas Zeit brauchen werden, bis sie harmonisch nebeneinander existieren können.
Ein gewisser Konflikt zeichnet sich beispielsweise darin ab, dass sich ein großer Teil der alteingesessenen Branche gegen Konzepte der privaten, häuslichen Gastwirtschaft ausspricht – auch Kommunen haben tendenziell etwas gegen konträre Linien zur klassischen wirtschaftlichen Hotellerie. Gleichzeitig bildet Wildcamping eine klare Konfliktlinie, wobei den Jüngeren unterstellt wird, sie wollten nur noch wild campen und würden sich dabei nicht korrekt verhalten.
Dieses Klischee von wildcampenden jungen Leuten und Einsteigern halten wir allerdings für wenig glaubwürdig. Auch wir stufen Wildcamping als ein komplexes Thema ein, aber wir sind durchaus der Meinung, dass sich die Branche mit wandelnder Interessenlage auch anders aufstellen muss.
Wie wird sich Vanlife in den nächsten Jahren weiterentwickeln? Von welcher Entwicklung der Branche geht ihr in den kommenden fünf Jahren aus?
Vantopia: Wir denken, dass die Branche insgesamt weiter wachsen wird. Es werden mehr Camper unterwegs sein und entsprechend wird sich auch die Infrastruktur verändern. Das Angebot wird sich dem neuen Anspruch an Individualität und Naturverbundenheit weiter anpassen.
Vanlife wird für mehr Menschen eine echte Alternative werden, gerade, da es gut mit vielen New-Work-Entwicklungen kombinierbar ist. Auf Herstellerseite werden sich mit Sicherheit neue, jetzt noch kleine Anbieter etablieren können und in Konkurrenz zu den alteingesessenen Anbietern treten. Generell wird der Fokus weg von „form follows function“ gehen, wobei ein gewisses Maß an Funktionalität natürlich immer erhalten bleiben muss.
Faktoren wie Ästhetik, Wohnlichkeit und Gemütlichkeit werden eine immer größere Rolle spielen. Wir wünschen uns, dass sich die Camping-Gemeinschaft weiterhin als bunte und weltoffene Gruppe entwickelt, in der jeder willkommen geheißen wird und seinen eigenen Weg finden kann. Wir plädieren außerdem für den Bau von staatlich betriebenen Campingplätzen in Naturschutzgebieten, um auch einem gewissen Natur-Bildungsaspekt Rechnung tragen zu können.
Glaubt ihr, dass durch den Boom die Platz-Kapazitäten in Deutschland noch ausreichen?
Vantopia: Wir gehen davon aus, dass es in den klassischen Ferienregionen und auf den typischen Campingplätzen voll und eng und entsprechend immer schwieriger werden wird, einen Platz zu bekommen. Wir finden allerdings auch, dass es viele Alternativen gibt, die diesen Ansturm entlasten können. Langfristig wird die Nachfrage auch das Angebot beeinflussen und entsprechend werden mit Sicherheit auch Kapazitäten ausgebaut, womit sich die Lage entspannen wird.
Wohin kann man in den Sommerferien noch fahren?
Vantopia: Die Küsten an der Nord- und Ostsee werden in diesem Jahr weiterhin beliebte und überfüllte Reiseziele sein. Wir glauben aber, dass es in Deutschland sehr viele weniger frequentierte Regionen gibt, die mindestens genauso einen Besuch wert sind, wie die etablierten Reiseziele. Da wäre zum Beispiel das Zittauer Gebirge in Sachsen, das Dahner Felsenland oder die Rhön.
Und das sind nur einige, wenige Beispiele. Ganz viele schöne Orte in Deutschland sind auch während der Ferien nicht überfüllt, weil sich der Tourismus derart konzentriert hat und so lohnt es sich besonders, alternative und ebenso schöne Ziele anzufahren. Europaweit ist auch Nord-Skandinavien grade im Kommen und von Campern nahezu unberührt.
Glaubt ihr, dass es bald normal sein wird, dass es viele einzelne Angebote von Campingplätzen zur Vermietung gibt? Also eine Art Dezentralisierung der Campingplätze?
Vantopia: Ja, das können wir uns durchaus gut vorstellen. Das wird bestimmt noch eine Weile dauern, aber wenn wir die Situation richtig einschätzen, müsste dafür auch regulatorisch noch eine ganze Menge geschehen. Da ist es an den Ländern, Kommunen und Ferienregionen, einheitliche und einfache Lösungen zu finden. Diese Entwicklung würde noch mehr Freiheit und Flexibilität beim Campen ermöglichen, was wir sehr begrüßen würden.
Tag der offenen Schiebetür am 26.03.
Zum Start der Campingsaison 2022 lädt Vantopia am Samstag, den 26. März, ab 10 Uhr auf den eigenen Hof in der Frohmestraße 59 ein. Hier können die 3 verschiedenen Camper-Modelle kennengelernt und sich mit dem Vantopia-Team aus Camping-ExpertInnen zu praktischen Tipps & Tricks für den nächsten Trip ausgetauscht werden.
Quelle / Foto: vantopia.de