Warum es absolut nicht sinnvoll ist, Kunststoffe zu verteufeln

Bilder von Bergen aus Kunststoffabfällen polarisieren die Diskussion, wie das Problem zu lösen ist. Häufig wird gefordert, Kunststoffe komplett zu verbannen. Bei genauem Hinschauen wird deutlich: Vor allem in puncto Nachhaltigkeit ist diese Forderung nicht sinnvoll. Dieser Text wäre in einer Welt ohne Kunststoffe nicht entstanden. Geschrieben mit einer PC-Tastatur aus Kunststoff und vor einem Monitor, dessen Gehäuse ebenfalls aus Kunststoff besteht.

Gut, in einer plastikfreien Welt hätten sich vielleicht Alternativen gefunden, den Text unter die Leute zu bringen: mit einer rein metallenen Schreibmaschine vom Flohmarkt und einem ebenfalls aus Metall gebauten Matrizendrucker, den man antiquarisch gekauft hätte. Dann die bedruckten Blätter kuvertiert, adressiert, zur Post gebracht und verschickt. Spätestens hier allerdings endet die individuelle Kontrolle über die Verwendung von Kunststoffen. In der Postagentur wären die Briefe in einer Stapelbox aus Plastik gelandet.

Die Welt von Kunststoffen zu befreien, ist eine Vorstellung, die oft verbreitet wird. Es ist allerdings mehr als fraglich, ob die Welt einfach so auf sie verzichten könnte. Nicht nur in der Elektronikindustrie scheint das Material unverzichtbar geworden zu sein. Auch bei modernen Neubauten, bei Verkehrsmitteln und nicht zuletzt in der Medizin. Hygiene und Infektionsschutz ohne Einwegspritzen, Einmalhandschuhe, OP-Masken oder sterile Verpackungen von Verbandsmaterial sind schwer vorstellbar.

Dass Kunststoffe in so vielen Lebensbereichen kaum wegzudenken sind, hat Gründe. Das Material kann viele Formen annehmen: von der hauchdünnen Folie bis zum hochfesten Bauteil für einen Flugzeugrumpf. Es ist bei vergleichbarer Stabilität leichter als alternative Materialien, bei relativ geringem Energieeinsatz formbar, und es eignet sich dazu, beispielsweise Lebensmittel hygienisch zu umschließen und länger haltbar zu machen.

Es lohnt sich, die Fragestellung im Titel noch einmal zu überdenken. Bevor man nach Wegen sucht, wie sich die Welt von Plastik befreien lässt, sollte man darüber nachdenken, ob dies eine sinnvolle Forderung ist. Sie ist es nicht, wie schon die genannten Beispiele zeigen. Die Vorstellung, dass Kunststoffe ein Problem seien, wird geprägt von den Bildern von unkontrolliert entsorgten Abfällen der Konsumgesellschaft.

Frau mit Paket Plastikflaschen
Kunststoffverpackungen sind leicht und hygienisch / © Alpla Werke Alwin Lehner GmbH & Co KG

Nicht das Material ist das Problem, sondern der Umgang mit ihm

Richtig ist, dass Plastik, das in die Umwelt gelangt, dort lange verbleibt und zu immer kleineren Partikeln zerfallen. Nicht das Material ist also das Problem, sondern der Umgang mit ihm. Auch Nachhaltigkeitsexperten raten dazu, Alternativen zu Plastik kritisch zu hinterfragen. Glas- statt PET-Flaschen haben spezifische Nachteile. Glas wird erst ab mindestens 1300 Grad Hitze formbar, verbraucht also in der Herstellung deutlich mehr Energie als PET, das sich bei rund 260 Grad Celsius verarbeiten lässt.

Das Leergewicht einer 1,5-Liter-Flasche aus PET beträgt bei ALPLA 33 Gramm. Um die gleiche Menge Wasser zu transportieren, benötigt man zwei 0,75-Liter-Glasflaschen mit gesamt 1.000 Gramm. Das ist in etwa 30-mal mehr Gewicht. Der Energieverbrauch beim Transport ist entsprechend deutlich höher. Bei Mehrweg-Glasflaschen verbrauchen auch der Rücktransport und die Reinigung die Ressourcen Energie und Wasser.

Eine PET-Getränkeflasche, die im sogenannten bottle-to-bottle-Recycling aufs Neue zu einer Getränkeverpackung geformt wird, ist die nachhaltigere Lösung. Noch besser schneidet eine Mehrwegflasche aus PET ab. Das zunächst plausibel scheinende Argument, dass Papiertüten umweltfreundlicher sind als Plastiktüten, lässt sich bei genauem Hinschauen ebenfalls entkräften.

Von der Gewinnung der Rohstoffe – im Beispiel von Papier also Holz – über die Herstellung, den Transport bis zur Entsorgung ist Papier als Verpackungsmaterial nicht nachhaltiger. Im Gegenteil: Eine Papiertüte müsste drei bis viermal wiederverwendet werden, um die Umweltbilanz einer Kunststofftüte zu erreichen. Eine Stofftasche aus Baumwolle müsste sogar mindestens 130-mal verwendet werden, um wirklich eine sinnvolle Alternative zu sein.

An den weltweit hergestellten Kunststoffen haben Verpackungen einen Anteil von etwa einem Drittel. Vieles davon sind Einwegverpackungen, die direkt nach dem Gebrauch entsorgt werden. Experten raten dazu, die Zahl und Unterschiedlichkeit der verwendeten Materialien zu reduzieren und Wiederverwertungssysteme verpflichtend zu machen. Bei PET ist in vielen Ländern eine funktionierende Wertschöpfungskette bereits etabliert.

Wenn PET-Flaschen als Verpackungsmaterial verbraucht sind, lassen sie sich in vielen Industriebereichen, etwa in der Textilherstellung, als Sekundärrohstoff einsetzen. Werden Kunststoffe am Ende ihres Lebenszyklus zur Erzeugung von Energie verbrannt, entsteht das Problem erst gar nicht, dass sie unkontrolliert als Abfall in die Umwelt gelangen. Nachhaltig verwendet, sind Kunststoffe die beste Lösung für viele Aufgaben der modernen Welt. Eine Welt ohne Plastik wird aus guten Gründen eine Utopie bleiben.

Quelle / Fotos: Alpla Werke Alwin Lehner GmbH & Co KG

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