Viele Winzer in Teilen Südeuropas, vor allem in Spanien und Frankreich verzeichnen in diesem Jahr aufgrund der spärlichen bis ausbleibenden Niederschläge oder ungewöhnlichem Starkregen erhebliche Einbußen bei der Weinernte. Für die deutschen Anbaugebiete wurden hingegen zum Erntestart ein Zuwachs von mehr als 9 % gegenüber 2022 prognostiziert.
Doch auch zwischen Franken und Rheinland-Pfalz war die Weinlese 2023 eine echte Herausforderung, wie Timo Dienhart von der Mosel bestätigt: „Es war ein Wettlauf mit der Zeit. Aufgrund der konstant sehr hohen Temperaturen im September mussten wir besonders schnell ernten, um Überreife zu vermeiden.
Wir haben dies dank einer tollen Lesetruppe in genau vier Wochen geschafft – etwa der halben Zeit gegenüber früheren Jahren.“ Dabei wird bei dem Bio-Winzer auf 12,5 Hektar Rebflächen rund um Maring-Noviand (etwa acht Kilometer westlich von Bernkastel-Kues) wie immer ganz überwiegend per Hand geerntet. Tatsächlich sogar handverlesen.
Beim Besuch des Weingutes Mitte September war bereits der komplette Bestand des Pinot Noir aus den „Wingerten“ eingefahren, weil sich die Kirschessigfliege auszubreiten drohte. Alle befallenen Beeren mussten dann händisch aussortiert werden. „Als Bio-Winzer kannst Du in so einem Fall nicht auf Chemie setzen, sondern nur auf geschickte Handarbeit und Tempo“, erklärt der 42jährige Winzer, dessen Weine international gefragt sind.
Riesling-Weine und Pinot Noir
Beim größten Bioweinanbieter Europas, Delinat (St. Gallen, Schweiz) sind auch einige der Weine erhältlich, die Dienhart auf den Steillagen an der Mosel anbaut. Rund 60 % seiner Abfüllungen sind Riesling-Weine unterschiedlicher Lagen und Qualitäten, auf etwa einem Fünftel der Anbaufläche wächst Pinot Noir.
„Pilzwiderstandsfähigen Sorten gehört die Zukunft“ Bereits knapp 19 % beträgt beim Weingut Dienhart der Anteil der pilzwiderstandsfähigen Sorten (PIWI) Sauvignac, Cabernet Blanc, Cabernet Cortis und Regent. Wie die Experten bei Delinat und renommierte Wein-Forschungseinrichtungen wie dem Weinbauinstitut Freiburg ist auch Timo Dienhart überzeugt, dass den PIWI-Sorten angesichts der Klimaveränderung die Zukunft gehört.
„Sauvignac und Co. benötigen auch bei extremer Witterung nur einen Bruchteil des Pflanzenschutzes, der bei traditionellen Rebstöcken notwendig ist“, weiß Dienhart, „was immer wichtiger wird in Folge der Herausforderungen durch den Klimawandel.“ Dazu hätten einige der Piwis eine höhere Resistenz gegenüber Hitze und Trockenheit und seien aufgrund einer dickeren Schale auch besser gegen Parasiten gewappnet.
Das Jahr 2023 sei ein solch herausforderndes Jahr für die Mosel-Winzer gewesen. Im Frühjahr war es lange kalt und nass, danach wochenlang sehr heiß und trocken. Fast den gesamten August hat es dann ergiebig geregnet, ehe im September der Hochsommer zurückgekommen sei.
„Für uns Winzer bedeutet das schlicht deutlich mehr Aufwand bei weniger Ertrag“, bilanziert Dienhart, der aber keineswegs unzufrieden mit der diesjährigen Ernte ist. „Mitte August hatte ich noch auf einen Sensationsjahrgang gehofft, jetzt ist es weniger Menge – aber was ich nun im Keller habe, kann sich wirklich sehen lassen. Ich erwarte ganz tolle Weine.“
Weingut Dienhart zählt zu den Bio-Pionieren Das liegt sicherlich auch daran, dass der Betrieb mit seiner fast 300jährigen Geschichte zu den Bio-Pionieren in Deutschland gehört. Schon im Jahr 1977 legte Hans (77), Vater von Timo, die Grundlagen, als er erstmals auf Herbizide verzichtete. Seit 1995 ist das Weingut biozertifiziert und im Ecovin Verband, bereits über sechs Jahre ist das Weingut im „Verbund“ von Delinat (St. Gallen, Schweiz), Europas größtem Anbieter von Bioweinen mit den international anspruchsvollsten Richtlinien.
Neben einem Verbot von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, von Kunstdüngereinsatz und Gentechnologie verlangen die Delinat-Richtlinien beispielsweise verpflichtend eine Förderung der Biodiversität und regenerative Energieversorgung. Gemäß der Delinat-Philosophie tun die Dienharts sehr viel für Biodiversität und Artenschutz, indem sie vielfältig begrünte Lebensräume zwischen den Rebstöcken ermöglichen.
Beispielsweise durch die Aussaat von Blumen, die den Bienen, Hummeln oder Vögeln Nahrung bieten. In den Wingerten gebe es sogar Falken, die Schädlinge klein halten. „Ich hätte vor 25 Jahren nicht für möglich gehalten, wie sich unsere Weingärten heute präsentieren“, so Dienhart, „sie sind besonders artenreiche Lebensräume, daher kommt auch die gute Bodenfruchtbarkeit.“
Ganz im Sinne der Philosophie von Delinat, nach der Biodiversität der Schlüssel zu gesunden Böden, resilienten Rebstöcken und damit herausragender Weinqualitäten ist. „Das Weingut Dienhart ist ein gutes Beispiel dafür, dass dem Weinanbau im Einklang mit der Natur die Zukunft gehört“, betont Michel Fink, CEO bei Delinat, „ökologisch wie ökonomisch.“
Biodiversitätswinzer des Jahres 2018
Folgerichtig wurde Timo Dienhart 2018 als Biodiversitätswinzer des Jahres“ von Delinat ausgezeichnet. Delinat hat die strengsten Bio-Richtlinien entwickelt Das Schweizer Unternehmen hat wesentlich zu der Entwicklung von Biowein in Europa beigetragen. Bereits 1983 hat der Familienbetrieb in einer Pionierleistung die allerersten Bio-Richtlinien überhaupt formuliert.
Diese werden ständig weiterentwickelt und gehören heute zu den strengsten Europas. Was das Geschäftsmodell einzigartig macht: Im Gegensatz zu anderen Biolabels vermarktet Delinat die zertifizierten Weine ausschließlich über ihre eigenen Plattformen. Timo Dienhart ist aktuell einer von drei zertifizierten Betrieben in Deutschland.
„Was ich besonders bereichernd finde ist, dass sich die Delinat-Winzer in ganz Europa in einem regen Austausch befinden. Delinat ist nicht nur eine Vertriebsplattform, sondern betreibt selbst viel Weinbauforschung und berät die Delinat-Winzer in der Umsetzung der Richtlinien. So entsteht eine klassische Win-Win-Situation“.
Wobei Dienhart keiner ist, der die ökologische Ausrichtung seines Betriebes wie eine Monstranz vor sich herträgt. „Gerade wir Biowinzer müssen mit Qualität punkten. Wir sind in erster Linie Genuss-Gut-Produzent!“ Nach getaner Arbeit im Weingarten gilt Dienharts ganze Aufmerksamkeit nun dem Weinkeller, wo die Trauben liebevoll gekeltert werden, ehe die Gärung und Reifung beginnt.
Timo Dienhart, der seine Fähigkeiten als Kellermeister bei konventionellen wie biologisch wirtschaftenden Betrieben erworben hat, setzt dabei auf Spontan-Hefen, vermeidet jede Schönung oder die Verwendung von Schwefel für den Most. Dienharts Philosophie im Keller: Mit einem Minimum an Eingriffen die Qualität erhalten, die im Weinberg erzielt wurde.
Nach der Weinlese im Sprinttempo bleibt nun auch wieder etwas mehr Zeit für seine Familie, seine Partnerin mit dem elfjährigen Sohn und seine Hobbies. Eher wenig verwunderlich, dass dazu Kulinarik und Kochen zählt. Skifahren in den Alpen nennt er. Und Downhill-Biken. Letzterem kann er gemeinsam mit dem Kleinen sehr gut in seiner Heimat frönen, zwischen den Steillagen des Weinanbaugebietes Mosel. Der steilste Weinberg „Calmont“ hat bekanntlich eine Hangneigung von 68 Prozent. Weltrekord.
Quelle / Fotos: delinat.com