Der wirtschaftsliberale Flügel der CDU fordert einen harten Kurswechsel und ruft in einer 10-Punkte Agenda zu mehr Eigenverantwortung in den Sozialsystemen auf. Die konkrete Forderung: Kassenpatienten sollen künftig zahnärztliche Leistungen sowie Kieferorthopädie aus eigener Tasche bezahlen.
Begründung des Wirtschaftsrats: Diese Ausgaben ließen sich „gut privat absichern oder selbst tragen“. Der Vorstoß setzt ein deutliches Signal, welche Auswirkungen die finanziellen Probleme der Sozialkassen künftig haben könnten.
Was steht im Raum – und wen trifft es?
In der öffentlichen Debatte werden „zahnärztliche Leistungen“ als Streichkandidat genannt. Ob darunter neben klassischen Zahnbehandlungen (z.B. Wurzelbehandlungen oder Füllungen) und kieferorthopädischen Maßnahmen auch Zahnersatz fiele, bleibt offen.
Eine Verschiebung weiterer Kosten in den Privatbereich würde Eigenanteile für Kassenpatienten spürbar erhöhen. Und das obwohl Versicherte der gesetzlichen Kassen schon heute hohe Eigenanteile beim Zahnarzt tragen.
Auch im medizinischen Sektor regt sich Widerstand: Noch am Tag der Veröffentlichung des Positionspapiers warnen der Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden (BDK) sowie die Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopädie e.V. (DGKFO) vor den Folgen.
Sie bezeichnen die Idee, Kieferorthopädie aus der GKV zu streichen, als „gesundheitspolitischen Irrweg“, da Fehlstellungen Mundgesundheit und Folgekosten wesentlich beeinflussen.
Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen steigen Jahr für Jahr
Allein in den Jahren 2020 bis 2024 stiegen die Leistungsausgaben der gesetzlichen Kassen von 249 auf 312 Milliarden im Jahr 2024 – ein Anstieg um mehr als 25%. Will man die Beitragszahler nicht weiter strapazieren muss man sich zwangsläufig Gedanken über die Ausgaben machen.

Au Backe – wird’s jetzt richtig teuer beim Zahnarzt? / © Versicherungsmakler Experten GmbH
Die GKV-Ausgaben für Zahnersatz (rund 4 Mrd. Euro p.a.) und Zahnbehandlungen & KFO (rund 15 Mrd. Euro pro Jahr) sind durchaus ein relevanter Kostenfaktor. Es ist daher durchaus naheliegend, mehr Anreize für Kassenpatienten zu schaffen, sich aktiver und nachhaltiger um ihre Zahngesundheit zu sorgen.
Die GKV ist schon heute keine „Vollkasko“
Auch schon heute bezahlt die gesetzliche Krankenkasse in Deutschland nicht alles – sowohl im Bereich Zahnerhalt, als auch bei Kieferorthopädie (KFO) und Zahnersatz müssen Versicherte Eigenanteile tragen:
- Zahnersatz: Befundbezogener Festzuschuss von 60 %, mit Bonusheft 70 % bzw. 75 %. Alles darüber hinaus: Eigenanteil oder Privatleistung.
- Kieferorthopädie: GKV-Leistung bis zum 18. Lebensjahr nur bei ausgeprägten Fehlstellungen (KIG 3-5); bei Erwachsenen nur bei schweren Anomalien mit begleitender Kieferchirurgie.
- Zahnbehandlung: Zahnfüllungen nur in günstiger Ausführung, Wurzelbehandlungen nur bei guten Zahnerhalt-Aussichten (sonst Privatleistung)
„Die aktuelle Diskussion bestätigt genau das, was wir unseren Kundinnen und Kunden schon immer offen sagen: Die GKV bietet eine solide Grundversorgung für die Zähne, aber sie ist keine Vollkasko. Wer hohe Eigenanteile vermeiden will, braucht schon heute eine gute Zahnzusatzabsicherung – die in Zukunft vermutlich noch viel wichtiger wird“, sagt Maximilian Waizmann, Geschäftsführer des Portals Zahnzusatzversicherung-Experten.de.
Droht uns in Deutschland ein ähnliches Schicksal wie den Schweizern?
Die Schweiz macht es bereits seit vielen Jahren vor: dort sind zahnärztliche Behandlungen (mit Ausnahme von Notfällen) wie Prophylaxe, Füllungen, Zahnersatz oder Zahnspangen grundsätzlich privat zu bezahlen oder über eine private Zahnzusatzversicherung abzudecken.
In Deutschland trifft man nach dem Lunch auf der Toilette keine Kollegen beim Zähneputzen – was in der Schweiz durchaus nicht unüblich ist. Und die Zahngesundheit der Schweizer ist nicht viel schlechter als die der Deutschen – im Gegenteil: die Schweiz gilt weltweit als eines der Länder mit den besten Zahngesundheitsstandards.
Und nun? Abwarten und Tee trinken
Noch ist nichts entschieden – die Vorschläge des Wirtschaftsrates sind ein Positionspapier, kein Gesetz. Auch die SPD wird ein Wörtchen mitreden wollen. Doch die Richtung ist klar: Kassenversicherte müssen sich tendenziell auf steigende Kosten und Eigenbeteiligungen einstellen. Warten wir ab, was daraus wird – sicher ist nur, dass private Vorsorge an Bedeutung gewinnt.
Quellen (Auswahl)
- Positionspapier des CDU Wirtschaftsrats
- GKV-Spitzenverband: Ausgaben Zahnbehandlung 2024/2025 und Zahnersatz 2024
- KZBV/Verbraucherzentrale: Festzuschuss-System (60/70/75 %) und Bonusheft
- BDK/DGKFO: Kritik an GKV-Streichung der Kieferorthopädie
Quelle / Fotos: zahnzusatzversicherung-experten.de