Hamburger Innovation gewinnt Otto von Guericke-Preis 2019 der AiF

Ein Viertel aller CO2-Emissionen weltweit entstehen im Transportbereich. Die Verwendung von Konstruktionsteilen aus faserverstärkten Kunststoffen ist eine kluge Lösung für das Emissionsproblem, denn die Materialien bieten sehr gute mechanische Eigenschaften bei geringem Gewicht. Damit hilft der Einsatz der Leichtgewichte im Fahrzeugbau die CO2-Emissionen im Transportgewerbe zu reduzieren.

Ein Problem besteht jedoch in der Verbindung von Faserverbundstoffen mit Stahlbauteilen. In Ermangelung besserer Möglichkeiten werden diese Materialien bis heute entweder verklebt oder verbolzt. Dabei kosten allein die Berechnung und Testphase der Bauteile so viel Zeit, dass die Konstrukteure oftmals weiterhin auf reine Stahlbauten setzen. Im Schiffbau stellt das ein großes Problem dar, denn in dieser Branche werden alle Stücke einzeln produziert. In der Folge steigen die Kosten enorm.

Fausst verbindet verlässlich

Die Lösung für dieses Problem haben jetzt drei Wissenschaftler im Rahmen eines vom AiF-Mitglied Center of Maritime Technologies e.V. (CMT) koordinierten Projekts der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) gefunden: Dr. Lars Molter und Dr. Rafael Luterbacher-Mus, bis 2018 beide am CMT in Hamburg, entwickelten gemeinsam mit Dr. Rigo Peters von der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt Mecklenburg-Vorpommern GmbH (SLV M-V) die Technologie Fausst (Faserverbund-und- Stahl-Standardverbindung).

Dr. Rigo Peters und Dr. Lars Molter
Dr. Rigo Peters und Dr. Lars Molter (v.l.)

Damit ist es erstmals möglich, Faserverbundbauteile und Stahlbauteile mithilfe eines hybriden Gewirks ohne jedwede mechanische Sicherung fest und sicher zusammenzufügen. Die so verbundenen Strukturen genügen auch den größten Anforderungen sowohl im Fahrzeug- und Schiffbau, als auch in der Luft- und Raumfahrt.

Für ihre Leistungen wurden die Forscher heute in Berlin mit dem Otto von Guericke-Preis der AiF ausgezeichnet. Der Preis wird einmal im Jahr für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der IGF vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. Die vorwettbewerbliche IGF wird im Innovationsnetzwerk der AiF und ihrer 100 Forschungsvereinigungen organisiert und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit öffentlichen Mitteln gefördert.

Drei Komponenten für Fausst

„Unser Ziel war es, eine hybride Verbindungstechnologie für unterschiedliche Anforderungen im Schiffbau zu entwickeln. Das haben wir geschafft“, freut sich Molter. „Vergleiche zwischen dem klebetechnischen Fügen im Schiffbau und der Fausst Technologie zeigen deren hohes Potential: Die Prozesszeit ist bis zu 50 Prozent schneller und selbst Einsätze, die sonst zu komplex und zeitaufwändig sind, lassen sich mittels Fausst realisieren. Zudem ist die neue Technologie einfach in bestehende Prozessketten integrierbar.“

Molters Kollege Luterbacher-Mus beschreibt den Aufbau des Fausst-Verbinders. „Er besteht aus drei Komponenten: Einem reinem Metallteil, einem Hybridteil und einem Glasteil, die miteinander verwirkt und an ein metallisches Halbzeug angeschweißt sind.“ Damit können Faserverbünde sicher, fest und ganz konventionell an metallische Strukturen geschweißt werden.

Peters von der SLV M-V ergänzt: „Wir haben Fausst in umfangreichen Testreihen untersucht. Die erzielten Ergebnisse haben die Anforderungen aus der Industrie über-erfüllt. Dies liegt vor allem daran, dass wir im Vergleich zum Kleben auch klassische Schweißverfahren einsetzen konnten“, erklärt der Forscher.

„Fausst stellt genau die Verbindungsmöglichkeit dar, die den Markt trifft und den Anforderungen des Kunden entspricht“, so das Fazit von Jörg Bünker von der Saertex GmbH und Co. KG aus Saerbeck. „Endlich können wir klassische Konstruktionswerkstoffe wie Stahl oder Metalle sicher mit neuen Composite-Werkstoffen verbinden.“ Das Unternehmen war als Industriepartner im Projektbegleitenden Ausschuss an dem heute ausgezeichneten Projekt beteiligt.

Start-up gegründet – Transfer gelungen

Für Thomas Ketelhohn, Geschäftsführer des CMT, ist Fausst „ein Paradebeispiel für den häufig geforderten Transfer von Forschungsergebnissen aus der Wissenschaft in die Wirtschaft“. Neben einer Patentanmeldung wurde im Juni 2018 die Hyconnect GmbH in Hamburg gegründet, um Fausst für den industriellen Einsatz weiterzuentwickeln. Bisher konnten durch die Transfermaßnahmen fünf Industrieunternehmen gewonnen werden, die Fausst für Ihre Anwendungen projektieren lassen.

Ende gut, alles gut: „Die Zusammenarbeit zwischen Industriepartnern und Wissenschaftlern war hervorragend: Ein in jeder Hinsicht sehr gutes Beispiel für die IGF“, resümiert Ketelhohn.

Foto / Quelle: „obs/AiF e.V./AiF/Juergen Schulzki Fotografie“, aif.de, Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen

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