Mehr Hamburger mit Rückenschmerzen: Krankenhausbehandlungen steigen um 60 Prozent

Trotz Prävention und zahlreicher Gesundheitskurse leiden in Hamburg rund 700.000 Menschen mindestens einmal im Jahr unter Rückenschmerzen. Immer mehr Patienten gehen mit ihren Beschwerden direkt ins Krankenhaus. Seit dem Jahr 2007 stieg die Zahl der stationären Behandlungen in Hamburg um 60 Prozent und erreichte 2016 einen Höchststand.

Mehr als die Hälfte der Betroffenen ließ sich als Notfall aufnehmen. Das zeigt der aktuelle DAK-Gesundheitsreport „Rätsel Rücken – warum leiden so viele Hamburger unter Schmerzen?“. Nach der Umfrage hatten 76 Prozent aller Berufstätigen im vergangenen Jahr mindestens einmal Rückenschmerzen. Fast jeder Vierte hat aktuell Beschwerden.

Laut DAK-Gesundheitsreport 2018 sind Rückenschmerzen in der Hansestadt die dritthäufigste Einzeldiagnose für Krankschreibungen. Hochgerechnet auf alle Erwerbstätigen in Hamburg gab es dadurch rund 530.000 Ausfalltage im Job. Jeder zwölfte Arbeitnehmer (8 Prozent) leidet sogar chronisch. Konkret heißt das: Rund 75.000 Patienten haben drei Monate oder länger Rückenschmerzen.

DAK-Gesundheitsreport 2018
DAK-Gesundheitsreport 2018

„Das gesundheitspolitische Ziel, das Problem Rücken in den Griff zu bekommen, wurde nach den Ergebnissen unserer Studie nicht erreicht“, sagt Katrin Schmieder, Leiterin der DAK-Landesvertretung Hamburg. „Die Untersuchung sollte deshalb auch in Hamburg zum Anlass genommen werden, die Angebote in den Bereichen Prävention und Versorgung auf den Prüfstand zu stellen.“

Die Problematik spiegelt sich auch in der stationären Behandlung wieder. So wurde in Hamburg im Jahr 2016 mit mehr als 2.100 Krankenhausfällen wegen Rückenschmerzen ein neuer Höchststand erreicht. Dies bedeutet einen Anstieg um 60 Prozent in den vergangenen sechs Jahren.

Der DAK-Report untersucht erstmals detailliert, wie Rückenschmerzpatienten in die Klinik kommen. Fazit: 61 Prozent der Betroffenen werden als Notfälle aufgenommen. Im bundesweiten Vergleich liegt die Krankenhausinanspruchnahme der Hamburger bei Rückenschmerzen mit 142 je 100.000 Einwohnern allerdings deutlich unter dem Durchschnitt (306).

Um den Erwartungen der Betroffenen an die Versorgung in ihrer Stadt aber möglichst gerecht zu werden und gleichzeitig die Notfallambulanzen der Kliniken zu entlasten, sieht die Leiterin der DAK-Landesvertretung Portalpraxen wie in Schleswig-Holstein, medizinische Versorgungszentren, teilstationäre Versorgungsangebote und einen verbesserten Terminservice bei den niedergelassenen Ärzten als wichtige Lösungsansätze.

Laut DAK-Gesundheitsreport Hamburg bleiben die Krankschreibungen aufgrund von Rückenproblemen seit Jahren auf hohem Niveau. Rückenschmerzen sind die drittwichtigste Einzeldiagnose im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen – hinter Depressionen und Infektionen der Atemwege.

Etwa jeder 25te Berufstätige ist mindestens einmal im Jahr wegen Rückenschmerzen krankgeschrieben. „Trotz eines verstärkten Engagements im Betrieblichen Gesundheitsmanagement gibt es keine signifikante Verbesserung“, betont Schmieder. „Gemeinsam mit den Hamburger Unternehmen müssen wir das individuelle Arbeitsumfeld noch rückenfreundlicher gestalten – und möglichst mehr Bewegung im Job erreichen.“

Erstmals macht die DAK-Analyse deutlich: An Rückenschmerzen zu leiden oder sich damit krankzumelden hängt von verschiedenen Faktoren ab. Häufiges Arbeiten in unbequemer Körperhaltung, Termin- und Leistungsdruck sowie eine schlechte Work-Life-Balance gehören dazu.

Krankmeldungen sind außerdem abhängig vom Alter, vom Chronifizierungsgrad und davon, ob der Job fast nie mit Freude erledigt wird. Der Blick auf die Geschlechter zeigt: Männer berichten zwar insgesamt seltener von Rückenschmerzen als Frauen, sie bleiben im Vergleich jedoch zu einem höheren Anteil der Arbeit fern, wenn sie Rückenschmerzen haben (ein Unterschied von 20 Prozent).

Die große Mehrheit der Hamburger versucht zunächst allein mit den Schmerzen zurechtzukommen. Nur jeder vierte Betroffene war laut eigenen Angaben im vergangenen Jahr wegen der Rückenbeschwerden beim Arzt. Von ihnen suchten rund 76 Prozent bei einem einzigen

Mediziner Hilfe. 19 Prozent konsultierten zwei, vier Prozent drei Ärzte wegen ihrer Beschwerden. Gefragt nach der konkreten Rückenschmerz-Behandlung gaben 64 Prozent der betroffenen Hamburger an, eine Physiotherapie bekommen zu haben. 31 Prozent erhielten Schmerzmittel, jede Fünfte bekam eine Spritze (21 Prozent).

Bei etwa jedem Vierten (26 Prozent) wurde ein CT oder ein MRT des Rückens gemacht. Der Zusammenhang von Stress und Rückenschmerzen wurde in den Hamburger Praxen kaum thematisiert (6 Prozent). „Da sich Stress und psychische Belastungen stark auf die Rückengesundheit auswirken können, sollte dieser Aspekt stärker bei Diagnose und der Behandlung berücksichtigt werden“, fordert Schmieder.

Insgesamt gehen Rückenschmerz-Geplagte Hamburger relativ gelassen mit ihren Beschwerden um: 67 Prozent setzen auf Wärme in Form von Heizkissen, Bädern oder Sauna. 43 Prozent bewegen sich, beispielsweise bei einem Spaziergang. 39 Prozent leben erstmal normal weiter und rechnen damit, dass die Rückenschmerzen wieder verschwinden. Schonen sollten sie sich aber auch nicht. Das verstärkt die Schmerzen eher noch. Trotzdem gab dies aktuell noch jeder neunte Hamburger an.

Der DAK-Report zeigt außerdem, unter welchen Beschwerden betroffene Hamburger konkret leiden. So schmerzt bei 76 Prozent die Lendenwirbelsäule. 45 Prozent haben Probleme mit dem Nacken, 17 Prozent mit der Brustwirbelsäule. Fast jeder Dritte (30 Prozent) gibt Schmerzen an mehreren Bereichen der Wirbelsäule an. Jeder elfte Rückenschmerz-Geplagte hat dabei starke bis sehr starke Schmerzen.

Als erste Reaktion auf die aktuelle Studie bietet die DAK-Gesundheit ihren Versicherten ab sofort ein neues onlinebasiertes Rücken-Coaching an. Unter dem Titel Rücken@Fit erhalten Betroffene eine verhaltensorientierte individuelle Hilfe bei akuten und chronischen Rückenschmerzen. „Dieses moderne Coaching geht sehr persönlich auf die Rückenprobleme ein“, erläutert Katrin Schmieder. „Rücken@Fit führt den Nutzer in einen Dialog mit einem virtuellen Coach. Statt auf allgemeine Rückenübungen setzen wir auf gezielte Anleitungen und

Wissensvermittlung, die genau zur jeweiligen Schmerzart und zur individuellen Lebenssituation passen. Das ist eine Weiterentwicklung der bisher üblichen Rücken-Coachings.“ Auch im Internet finden Schmerzgeplagte viele Infos und praktische Tipps rund um das Thema „Gesunder Rücken“: www.dak.de/ruecken

Der Gesundheitsreport Hamburg wertet auch die Fehlzeiten der DAK-versicherten Arbeitnehmer insgesamt aus: Im Durchschnitt hatte 2017 jedes Mitglied in der Hansestadt insgesamt 13,1 Fehltage. Das waren 0,3 Tage weniger als im Jahr davor. Gleichzeitig stieg die Betroffenenquote von 39 auf 43 Prozent. Das heißt: Mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen in Hamburg war 2017 kein einziges Mal krankgeschrieben.

Der größte Anteil der Fehlzeiten entfiel auf psychische Erkrankungen. Mit 279 Ausfalltagen pro Jahr bezogen auf 100 Versicherte blieb der Anteil nahezu konstant. Auf Platz zwei kamen Muskel-Skelett-Leiden wie zum Beispiel Rückenschmerzen mit 237 Tagen, auf Platz drei die Atemwegserkrankungen mit 207 Tagen. Hier sank die Anzahl der Ausfalltage leicht um vier Prozent. Insgesamt dauerte eine Krankschreibung 2017 in Hamburg im Durchschnitt gut zwölf Tage.

Der aktuelle DAK-Gesundheitsreport Hamburg untersucht umfassend die krankheitsbedingten Ausfalltage sowie ambulante und erstmals auch stationäre Behandlungen bei Rückenerkrankungen im Bundesland. Die Kasse wirft darüber hinaus einen Blick auf Ursachen und Risikofaktoren.

Für die Analyse wurden die Daten von rund 74.000 erwerbstätigen Mitgliedern der DAK-Gesundheit in Hamburg durch das IGES Institut ausgewertet. Außerdem wurden bundesweit rund 5.200 erwerbstätige Frauen und Männer im Alter von 18 bis 65 Jahren durch das Forsa-Institut repräsentativ befragt und zahlreiche Experten eingebunden. Zentrale Ergebnisse wurden mit einer DAK-Untersuchung aus dem Jahr 2003 verglichen.

Foto / Quelle: www.dak.de

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